
Foto: Berthold Steinhilber
Wie engagieren sich Väter für ihre jugendlichen Kinder im Alltag? Wie werden aktuelle gesellschaftliche Großthemen zwischen Vätern und Teenagern thematisiert und gemeinsam verhandelt? Inwiefern spielen Leitbilder von Geschlecht und Männlichkeit hierbei eine Rolle? Diese und weitere Fragen untersucht ab sofort ein neues Forschungsprojekt der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg unter Leitung von Prof. Dr. Johanna Possinger in Kooperation mit dem Deutschen Jugendinstitut München unter Leitung von Dr. Claudia Zerle-Elsässer. Das knapp dreijährige Projekt beleuchtet die bislang kaum erforschte Schnittstelle von väterlicher Care-Arbeit und politischer Bildung in der Familie. Es wird von der Stiftung Ravensburger Verlag mit 160.000 Euro gefördert.
Die Väterforschung im deutschsprachigen Raum konzentriert sich bislang vorrangig auf die Sorgebeteiligung von Vätern in der Kindheit. Die wenigen Studien zu Vätern und Teenagern zeigen einen Rückgang von Betreuungszeiten zugunsten gemeinsamer Freizeitaktivitäten und persönlicher Gespräche. Diese drehen sich vor allem um Themen der familiären Außenwelt wie Schule, Sport und Politik. Diese Außenwelt befindet sich in einem gesellschaftlichen Wandel und ist von zentralen politischen „Megatrends“ gekennzeichnet, die auf Familien z.B. durch Medien einwirken. Dazu zählen u.a. Klimawandel, Digitalisierung und gesellschaftliche Polarisierungen. Familien gelten als zentrale Orte politischer Bildung. In der Jugend entwickeln Kinder in eigenes politisches Denken – oft im Austausch mit den Einstellungen ihrer Eltern. Wie genau sich die politische Bildung in Familien jedoch vollzieht, ist bislang nicht erforscht. Im Zentrum der Studie soll hierfür das Verhältnis von Vätern und ihren Teenagern stehen. Der Fokus auf Väter bietet sich auch deshalb an, da Väter die ersten männlichen Rollenvorbilder für Kinder sind und sich gerade Fragen von Männlichkeit wie ein roter Faden durch die großen gesellschaftlichen Themen der Gegenwart ziehen. Ziel ist es, das gelebte demokratische Handeln im Rahmen von Vaterschaft zu untersuchen, um so besser zu verstehen, wie familiäre Beziehungen und gesellschaftliche Anforderungen aufeinander einwirken.
Methodisch bedient sich die Studie eines Mixed-Methods-Designs. In Kooperation mit dem Deutschen Jugendinstitut wird eine quantitative Sekundärdatenanalyse verschiedener Wellen des DJI-Surveys „AID:A“ („Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“) durchgeführt, um repräsentative Daten zu gemeinsamen Aktivitäten, Zeitverwendung und Kommunikation zwischen Vätern und Jugendlichen zu gewinnen. Qualitativ werden episodische Einzelinterviews mit Vätern und Teenagern in unterschiedlichen Lebenslagen mit verschiedenen politischen Einstellungen geführt, um die Perspektiven beider Generationen einzuholen. Die Ergebnisse sollen Impulse für die Väterarbeit, die politische Bildung und die Familienberatung liefern.